Spielsucht: Ein zu bekämpfender Teufelskreis?
11/24, Lesezeit: 4 Minuten
In der Bevölkerung erfährt Glücksspiel eine hohe Beliebtheit. Die Zugänglichkeit von Glücksspielen ist so verbreitet wie nie: ob der klassische Spielautomat in der Bar, Games auf dem Handy oder im Internet – sie sind überall verfügbar. Doch nicht jeder Spieler entwickelt eine Sucht. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 1% ein pathologisches Spielverhalten entwickelt. Die Spielsucht, auch als pathologisches Glücksspiel bezeichnet, ist eine psychische Störung, die durch das zwanghafte Verlangen nach Glücksspiel gekennzeichnet ist. In Deutschland spielt durchschnittlich jeder Zweite einmal jährlich ein Glücksspiel. In der Altersgruppe der 16 bis 17-Jährigen spielt jeder Vierte. 350.000 Menschen deutschlandweit weisen ein problematisches Spielverhalten auf, 250.000 ein pathologisches Spielverhalten.
Definition und Erkennungsmerkmale der Spielsucht
Eine Spielsucht wird diagnostiziert, wenn Menschen zunehmend die Fähigkeit verlieren, ihren Impulsen zu widerstehen, Glücksspiele durchzuführen. Menschen, die an Spielsucht leiden, verlieren zunehmend die Kontrolle über ihr Spielverhalten, was ein entscheidendes Kriterium der Diagnose darstellt. Glücksspiel wird zu einem zentralen Teil ihres Lebens, und die Betroffenen nehmen beim Kauf erhebliche finanzielle, emotionale und soziale Schäden an, um weiterspielen zu können. Es beeinflusst also das Wohlergehen der Person und des gesamten Umfeldes negativ. Die negativen Folgen einer Spielsucht sind schleichend und bauen sich meist über Jahre auf. Das macht es so schwierig, die psychischen und sozialen Folgen der Spielsuchproblematik zu bekämpfen. Doch es ist nicht aussichtslos!
Abgrenzung zu normalem Spielverhalten
Es gibt einen klaren Unterschied zwischen normalem, freizeitlichem Spielen und pathologischem Glücksspiel. Der größte Unterschied liegt in der Kontrolle – während Gelegenheits-Spieler das Spiel als Freizeitbeschäftigung betrachten, haben Spielsüchtige keine Kontrolle mehr über die Häufigkeit oder den Umfang ihres Spielverhaltens. Normales Spielverhalten ist durch bewusste Entscheidungen, die Kontrolle über den Einsatz und die Häufigkeit des Spielens sowie eine klare Trennung zwischen Spielen und dem restlichen Leben gekennzeichnet. Es führt nicht zu negativen Folgen und kann problemlos aufgegeben werden.
Frühe Warnzeichen und Symptome
Die ersten Anzeichen für eine Spielsucht zeigen sich oft in Form eines intensiven Drangs, immer wieder zu spielen. Betroffene denken ständig an Glücksspiele und erleben ein starkes Verlangen, trotz negativer Konsequenzen weiterzuspielen. Weitere Anzeichen sind die Notwendigkeit, immer höhere Einsätze zu bringen, um den Nervenkitzel zu erlangen und zu steigern. Wird das Glücksspiel versucht, zu bekämpfen und unterbrochen, zeigt sich eine erhöhte Nervosität. Die Versuche, das Glücksspiel aufzugeben, scheitern häufig und werden wiederholt angegangen. Ein weiteres Zeichen ist die starke gedankliche Beschäftigung mit dem Thema. Außerdem wird versucht, Verluste aus vorangegangenen Spielen auszugleichen, was als „chasing“ bezeichnet wird. Die Spielsucht hat negative Auswirkungen auf das soziale Umfeld, die berufliche Situation und endet sogar darin, dass Mitmenschen belogen werden, um das Glücksspiel fortzusetzen. Diese Faktoren sind Symptome des „pathologischen Glücksspiels“ und sind im DSM-5, dem amerikanischen Klassifikationssystem für psychische Erkrankungen aufgelistet. Die Symptome müssen über 12 Monate bestehen.
Ursachen und Auslöser für Spielsucht
Die Ursachen der Spielsucht sind vielfältig und umfassen sowohl psychologische als auch soziale und umweltbedingte Faktoren spielen eine Rolle, wenn man die Spielsucht bekämpfen möchte.
Psychologische Faktoren
Psychische und emotionale Probleme wie Depressionen, Angststörungen oder hoher Stress sind häufige Auslöser für Spielsucht. Viele Betroffene nutzen das Spielen als eine Form der Flucht vor negativen Emotionen. Das Glücksspiel bietet kurzfristige Erleichterung von negativen Gefühlen und lenkt von Problemen im Alltag ab. Weiterhin entstehen ein innerlicher Druck und somit auch Teufelskreis, das verlorene Guthaben wieder einzuspielen, was die Kopplung an das Glücksspiel ebenfalls erhöht.
Soziale und Umweltfaktoren
Auch soziale Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Spielsucht. Einige Studien zeigen, dass beispielsweise eine Affinität zum Spielen über das Modelllernen erfolgt. Zeigen Eltern eine erhöhte Tendenz zum Glücksspiel auf, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, zum pathologischen Glücksspiel zu tendieren.
Form des Glücksspiels
Die Art und Weise des Glücksspiels ist entscheidend, für das Auftreten einer Spielsucht. Je nachdem, wie häufig etwas im Glücksspiel passiert und wie kontrollierbar der Verlauf des Spiels ist, entwickelt sich eine Abhängigkeit. Erfolgt häufiger ein Kontrollverlust, ist die Bindung an das Spiel höher, wie zum Beispiel bei Glücksspielautomaten.
Biologische Faktoren
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass das Belohnungssystem im Gehirn Serotonin beim Spielen ausschüttet, was das Verlangen nach weiteren Glückshormonen erhöht. Neurochemische Dysbalancen können die Anfälligkeit erhöhen.
Soziodemografische Daten
Studien konnten nachweisen, dass Männer tendenziell gefährdeter sind, eine Spielsucht zu entwickeln, als Personen weiblichen Geschlechts. Genaue Erklärungen gibt es dafür bislang nicht.
Persönliche und soziale Konsequenzen
Die finanziellen Folgen der Spielsucht sind oft gravierend. Betroffene verlieren häufig hohe Geldsummen, häufen Schulden an und geraten in finanzielle Notlagen. Diese finanziellen Probleme führen oft zu weiteren sozialen Problemen, da das Vertrauen von Partnern, Familienangehörigen und Freunden stark belastet wird. Aus diesem Grund ist die Spielsucht unbedingt zu bekämpfen.
Bewältigungsstrategien und Therapieansätze
Die Spielsucht zu bekämpfen, ist ein herausfordernder Prozess, der Zeit, Geduld und Unterstützung erfordert. Es gibt jedoch zahlreiche Ansätze, die Betroffenen helfen können, den Weg aus der Suche zu finden. Entscheidend ist, dass die Betroffenen erkennen, dass sie Hilfe benötigen und dass sie den Mut finden, diesen in Anspruch zu nehmen.
Um die Spielsucht effektiv zu bekämpfen, gibt es verschiedene Ansätze, die sich je nach Schwere der Sucht und den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen unterscheiden. Je nach Ausprägung und Chronifizierung der Spielsucht, ist es nicht ratsam eine Spielsucht selbst zu bekämpfen, da die Störung zu stark ausgeprägt ist. Der erste entscheidende Punkt zum Beginn ist die Krankheitseinsicht und die Veränderungsmotivation der Betroffenen.
Zunächst einmal wird geschaut, ob eine ambulante Therapie oder eine stationäre Therapie angebracht ist. Stehen andere Störungen zudem im Vordergrund, werden diese nach Abwägen, zuerst behandelt. Ein erster wichtiger Faktor aus verhaltenstherapeutischer Sicht ist die Identifikation von dysfunktionalen Gedanken und Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit dem Glücksspiel stehen. Um die Spielsucht zu bekämpfen, ist dies entscheidend, da nur so Muster, Auslöser und die Motivation beim Glücksspiel verstanden werden können.
Die Selbstbeobachtung der Patienten und das Führen eines Protokolls sind dabei sehr aufschlussreich. Auslösesituationen, Gedanken und Gefühle, die mit dem Spielen verbunden werden, werden entlarvt. Dafür ist natürlich entscheidend, dass der Patient regelmäßig sein Verhalten trackt und dieses auch erkennt. Schafft der Patient dies, erlebt er sich in einer Distanz zum Glücksspiel, was ihm ein Gefühl der Wirksamkeit vermittelt – ein erster Schritt in Richtung der Bewältigung der Spielsucht.