Reframing im Coaching

von Isabelle Allstadt, 01/24, Lesezeit: 5 Minuten

Inhalt:

Im Coaching geht es darum, neue Wege zu entdecken und die eigene Perspektive zu wechseln, damit persönliche Ziele erreicht werden können. Eine effiziente Technik dabei ist das sogenannte Reframing, bei der Situationen und Anliegen umgedeutet werden.

Wenn ein Problem oder ein Wunsch nach Veränderung auftaucht, weiß man oft gar nicht, wo man anfangen soll. Man steckt fest im Alltag und den eigenen Routinen, dass man nicht mehr unbefangen und neutral auf eine Situation schauen kann. Deshalb ist die Technik des Reframings eine unverzichtbare Tätigkeit im Coaching, die uns einen Perspektivwechsel erlaubt. Wie es genau funktioniert und warum sie so effektiv ist, erfährst du hier.

Coachingsituation zwischen Coach und Klientin

Was ist das Reframing Konzept?

Der Begriff „Reframing“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „umgestalten“ oder „um-/neu-rahmen“ (von frame = Rahmen). Reframing ist als Methode des Coachings bekannt. Abläufe, Routinen, Denkmuster und menschliche Zuschreibungen unterliegen meist einem Rahmen, dem so genannten „frame“.

Entlang dieses Rahmens werden dann Dinge interpretiert und wahrgenommen. Man kann es auch mit einer Brille vergleichen, durch deren Filter man die Welt wahrnimmt. Je nach Rahmung oder Filter, kann ein Sachverhalt ganz anders wahrgenommen werden. So ist ein Glas beispielsweise halb voll oder halb leer – abhängig vom „frame“. Das Reframing Konzept versucht also nichts anderes, als einen neuen, positiven oder hilfreichen Rahmen um eine bestimmte Tatsache zu legen, der es uns ermöglicht Dinge anders betrachten und angehen zu können.

Warum wird Reframing im Coaching benutzt?

Warum ist Reframing so wichtig im Coaching? Unsere Gedanken und Überzeugungen beeinflussen unsere Handlungen und unser Verhalten maßgeblich. Wenn wir aber beispielsweise in negativen Denkmustern gefangen sind, kann dies uns daran hindern, unser volles Potenzial zu entfalten. Reframing bietet die Möglichkeit, diese Denkmuster zu durchbrechen und neue Wege zu finden, um mit Herausforderungen umzugehen. In vielen Coaching-Situationen ist Reframing notwendig, um festgefahrene Gedanken und Überzeugungen zu überwinden.

Negative Gedankenmuster können dazu führen, dass wir uns in einer Sackgasse fühlen und keine Lösungen sehen. Reframing ermöglicht es uns, die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und kreative Lösungen zu finden. Durch die Umdeutung wird einer Situation eine andere Bedeutung zugeschrieben. Du kannst dir die Wirkung des Reframings vorstellen, indem du dir vor deinem inneren Auge ein Kunstwerk vorstellst, welches je nachdem, ob es in einem goldenen, verschnörkelten oder einem mattschwarzen Rahmen eine ganz andere Wirkung entfaltet. Außerdem bekommen wir Handwerkszeug mit, um das Bild aus verschiedenen Perspektiven anzuschauen, was bei Problemen oder Konflikten in der akuten Situation meist schwer ist.

Reframing Techniken im Coaching

1. Perspektivwechsel: In dieser Technik geht es darum, das Problem oder eine Situation aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. In dem man die Perspektive ändert, kann man neue Einsichten gewinnen und Lösungen entdecken, die vorher nicht einsehbar waren.

Der Perspektivwechsel beim Reframing, erlaubt den Ausbruch aus gewohnten Sichtweisen. Das können beispielsweise zeitliche Perspektiven sein („Wofür wird es in 5 Jahren gut gewesen sein, dass es heute diese Herausforderung gegeben hat?“ oder „Wofür wird Dein Zukunfts-Ich dankbar sein, wenn Du diese Herausforderung meisterst?“), Perspektiven anderer Personen („Wie würde Deine Partnerin, Dein Idol, Dein bester Freund etc. darauf blicken und es deuten?“) oder auch bestimmter Fachrichtungen sein, was besonders im Berufskontext nützlich sein kann („Wie würde ein Ingenieur diese Situation deuten? Wie eine Sozialpädagogin? Wie eine Vorgesetzte? Ein Betriebsrat? etc.).

2. Umdeutung: Diese Technik geht davon aus, dass negative Gedanken und Gefühle in neue positive oder neutrale Aussagen umzuwandeln. Der Glaubenssatz „Ich kann das nicht“, kann beispielsweise in „Ich lerne noch“ oder „Ich kann es schaffen, wenn ich es Stück für Stück meistere“ umgewandelt werden. Die Technik unterstützt einen konstruktiven inneren Monolog, der uns eine Lösung finden lässt.

3. Ressourcenorientierung: Bei dieser Methode liegt der Fokus auf den individuellen Stärken und Ressourcen. Anstatt sich ausschließlich auf die Probleme zu fokussieren, wird das thematisiert, was gut läuft. So können Ressourcen hervorgehoben werden und Lösungen entwickelt werden. Das stärkt das Selbstbewusstsein und die Zuversicht anstehende Herausforderungen zu meistern.

Beispielfragen für Reframing im Coaching

Neben den oben bereits erwähnten Beispielen sind hier weitere, mögliche Fragen, um das Reframing im Coaching einzuleiten:

Diese Fragen sind eine kleine Anregung, wie man in das Reframing im Coaching starten kann. Natürlich gibt es noch viele weitere Fragen, die ein Reframing anleiten. Nach dem Einleiten ist es als Coach wichtig, mit den Antworten des Coachees weiterzuarbeiten.

Die Rolle des Coaches im Reframing

Der Coach dient als Anleiter im Reframing. Durch Fragen und Denkansätze, versucht er, den Coachee selbst auf die weiteren Optionen zu stoßen. Dabei helfen Neugierde und die Haltung des „Nicht-Wissens“ beim Coach. Durch gezielte Fragen nach Perspektiven, anderen Möglichkeiten und Hindernissen, wird Stück für Stück die Haltung des Coachees deutlich und hinterfragt. Auch wenn der Coach bereits eine zum Coachee passende Idee kennt, soll die Person am besten selbst auf die Möglichkeit kommen. Auf diese Weise wird das Selbstwirksamkeitserleben der Person gestärkt und die Methode des Reframings gefestigt. Hat der Coachee eine für sich passende Bedeutungs-, Kontext- oder Inhaltsänderung erreicht, fühlt er sich in weiteren Konfliktsituationen deutlich sicherer.

Beispiele für Reframing

1. Bedeutungs-Reframing: Das Reframing im klassischen Sinn: Dem Problem wird eine neue, positive Deutung verliehen. Nehmen wir an, dass einem Coachee wegen eines Durchbruchs oder Erfolgs die Missgunst eines Kollegen entgegenschlägt. Ein Bedeutungsreframing wäre, dass die Sticheleien und Kommentare auch ein Kompliment sein können (Neid auf den Erfolg, etwas unglücklich vermittelt) wäre ein Bedeutungsreframing.

Ein anderes Beispiel: Ein Coachee wird nicht befördert und sagt über sich „Ich bin nicht gut genug, um diese Beförderung zu bekommen.“ Der Coach kann nun sowohl am Selbstbild des Coachees als auch mit der Nicht-Beförderung arbeiten. Die Nicht-Beförderung könnte in ihrer Bedeutung umgewandelt werden: Was bleibt Dir dadurch nun erspart? Welche anderen Berufswege stehen Dir nun damit offen? Merke: Beim Reframing verändert man die eigentliche Situation nicht, die Wirksamkeit liegt darin, die Einstellung zu verändern.

2. Kontext-Reframing: Das Kontext-Reframing bedeutet, dass eine bestimmte Situation in einem gegebenen Kontext zwar problematisch sein kann, in einem anderen allerdings auch sinnvoll und nützlich. Nehmen wir an, ein rebellierender Teenager trotzt dem elterlichen Verlangen (Ordnung halten, aufräumen, pünktlich am Abendtisch sitzen, nach Hause kommen etc.). Für die Eltern ist das in diesen Momenten anstrengend – umgedeutet für den Teenager könnte man sagen: Er setzt sich für seine Bedürfnisse und Ziele ein – für seine spätere Entwicklung, beispielsweise am Arbeitsplatz, könnte dieser Einsatz durchaus von Nutzen sein und es ist sinnvoll, dass er dies im Elternhaus erlernt.

Ein anderes Beispiel: Der Coachee berichtet, dass er einen Freund habe, der immer gute Laune verbreite, aber nicht so richtig zuhöre, wenn der Coachee etwas Wichtiges erzähle. Der Coach könnte mit Fragen anleiten: In welchen Situationen wäre diese lebhafte, frische Art gern gesehen? Beispielsweise bei Festen und Feiern, zu denen der Coachee diesen Freund einladen könnte – also ein anderer Kontext – oder wenn der Coachee selbst seine Laune durch die Gesellschaft heben möchte – also zu einem anderen Anlass. Vertrauensvolle Gespräche wiederum könnten tendenziell mit anderen Freundschaften stattfinden.

3. Inhalts-Reframing: Die „sperrigste“ Form des Reframings, da man nun zuerst die problematische Situation und die dahinterstehende Absicht voneinander trennt. Aber gerade in dieser Trennung liegt die Wirksamkeit. Nehmen wir ein streitendes Paar (auch möglich: Konflikt mit Kollegen etc.). Natürlich ist ein Streit unangenehm – die Tatsache aber, dass sich das Paar streitet (und nicht schweigend aneinander vorbeilebt), hat eine dahinterstehende Absicht beider Partner: Der Wunsch auf Einigung, der Wille, über den Weg einer Auseinandersetzung zu einem gemeinsamen Nenner zu finden.

Im Coaching kann man nun diese wohlwollende Absicht nutzen und anstatt über einen Streit, der in einer Sackgasse endet, lieber über einen friedvolleren Weg kanalisieren lernen. Gerade in Konflikten kann das Inhalts-Reframing genutzt werden, um zu klären, ob die Absicht zu einer friedvollen Einigung als Grundvoraussetzung überhaupt gegeben ist.

Frau coacht einen Klienten

Vorteile des Reframings

1. Wechsel der Perspektive: Reframing bringt die Coachingteilnehmer dazu, ihre Perspektive zu wechseln, was zu neuen Handlungsmöglichkeiten führt. In dem ich versuche etwas aus einer anderen Sicht zu betrachten, fällt mir die Entwicklung neuer Ideen deutlich leichter.

2. Entwicklung von Selbstwirksamkeit: In dem die zu coachende Person neue Betrachtungsweisen entwickelt und so in der Lage ist, selbstständig Lösungen zu finden, wird das Selbstwirksamkeitsempfinden deutlich gesteigert.

3. Förderung der Selbstreflexion: Reframing ermöglicht es, ein Problem aus einer anderen Sichtweise zu sehen, sich intensiver mit seinen Gedankenmustern auseinanderzusetzen und diese zu hinterfragen. Das steigert die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren. So kann die Person immer selbstständiger überlegen, welche Lösungsoptionen es gibt.

4. Steigerung des Selbstbewusstseins: Negative Selbstüberzeugungen können durch Reframing aufgelöst werden und in konstruktive umgewandelt werden. Weiterhin erwirkt das Reframing, dass die Person sich sicherer fühlt, mit Problemen umzugehen – eine Wohltat für das Selbstbewusstsein.

5. Problemlösefähigkeit: Reframing fördert kreatives Denken und die Fähigkeit schneller und effizienter Probleme zu bewältigen.

6. Zukunftsorientierung: Bei dieser Methode des Reframings wird der Fokus von der aktuell schwierigen Situation auf die Möglichkeiten, die in der Zukunft legen, gerichtet. Dadurch wird der Blick frei für offene Möglichkeiten und bestehende Ressourcen.

7. Resilienz Entwicklung: Durch das Wissen, in Konflikten und Problemen zielführend neue Lösungen entwickeln zu können, wird die Resilienz der Coachingteilnehmenden gesteigert. So können sie sich schneller von Rückschlägen erholen und begegnen Schwierigkeiten mit Selbstvertrauen und Zuversicht.

8. Konfliktbewältigung: Reframing kann dazu beitragen, Konflikte in einer weniger emotional beladenen Weise anzugehen. Dadurch, dass die Coachingteilnehmer lernen, andere Blickwinkel einzunehmen, können sie dies auch in Konflikten anwenden. Die Coaches schaffen es, sich auch in die Position des Gegenübers einzufühlen, was in Streitsituationen sehr hilfreich sein kann.

Das Reframing ist eine Methode, die uns viele neue Möglichkeiten eröffnet. Wird diese Methode verinnerlicht, kann sie auch einfach im Alltag von uns selbst angewandt werden. Es hilft dabei, mit Situationen, die ungute Gefühle in uns auslösen, anders angehen zu können und eine „neue Brille“ aufzusetzen, die es uns ermöglicht, neue Lösungswege zu finden.

Autorin Isabelle Allstadt

Über Isabelle Allstadt

Isabelle Allstadt ist freiberuflich als Autorin für die ALH tätig. Im Anschluss an ihr Studium (M.A. Erziehungswissenschaften) legte sie im Jahr 2022 die Approbation als Psychotherapeutin für Kinder- und Jugendliche im Bereich Verhaltenstherapie ab. Isabelle verfasst aber ebenso gerne Texte, wie sie mit Menschen arbeitet und teilt Informationen aus der Welt der Psychologie und Psychotherapie mit uns.

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