Wertschätzende Kommunikation: Der Schlüssel zu besseren Beziehungen

von Aline Schmid, überarbeitet: 08/24, Lesezeit: 5 Minuten

„Immer kommen Sie zu spät zu unseren Meetings!“… „Du hörst mir nie richtig zu, wenn ich mit Dir rede! …“ „Mach endlich Deine Hausaufgaben! Andere Kinder stellen sich doch auch nicht so an…“ – Ob im Berufsleben, in der Partnerschaft oder im Familienalltag: Unsere Kommunikation ist oft unbewusst von Vorwürfen, Forderungen oder Verurteilungen geprägt und birgt dadurch Konfliktpotenzial oder Missverständnisse.

Genau hier setzt die Wertschätzende Kommunikation an. Durch sie reduzieren wir vorwurfsvolle Aussagen und dadurch auch potenzielle Missverständnisse und Konflikte. Ziel ist es, harmonischere und respektvollere Gespräche zu führen. Wertschätzende Kommunikation beginnt jedoch bei uns selbst: Wer sich selbst und seine Bedürfnisse besser versteht, kann auch anderen gegenüber klarer und einfühlsamer kommunizieren.

Kern der Wertschätzenden Kommunikation

Wertschätzende Kommunikation ist eine Art des Austauschs, der darauf abzielt, gegenseitigen Respekt und Verständnis zu fördern. Sie basiert auf den Prinzipien der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) von Marshall Rosenberg. Die Wertschätzende Kommunikation erfordert radikale Selbstverantwortung für die eigenen Gefühle. Zudem das Bewusstsein, welche Macht Sprache und Worte haben und wie sie unser Gegenüber beeinflussen können.

Indem wir nicht dem anderen die Schuld für unsere Gefühle geben, sondern selbst die Verantwortung dafür übernehmen und diese klar und ohne Vorwürfe ausdrücken, äußern wir, was in uns vorgeht und zeigen gleichzeitig Respekt für den anderen. Dadurch können Konflikte vermieden werden. Ein Beispiel wäre statt „Du hörst mir nie zu!“ zu sagen: „Wenn Du wie gerade auf Dein Handy schaust, während ich Dir etwas erzähle, dann denke ich, Du hörst mir nicht zu und das löst in mir Traurigkeit aus. Ich habe ein Bedürfnis nach Verbundenheit und würde mir dafür Aufmerksamkeit wünschen. Könntest Du mir Dir Deine Aufmerksamkeit schenken, wenn ich Dir etwas erzähle oder vielleicht klar rückmelden, wenn es Dir nicht passt?

Genauso wichtig ist es, dem Gegenüber aufmerksam zuzuhören und seine Bedürfnisse zu erkennen und zu respektieren. Durch diese gegenseitige und empathische Basis werden Gespräche auf Augenhöhe geführt und sind von Respekt und Empathie geprägt.

Infografik: Zentrale Merkmale der wertschätzenden Kommunikation

Die Rolle von Empathie in der Wertschätzenden Kommunikation

Empathie ist ein zentraler Bestandteil der Wertschätzenden Kommunikation. Es bedeutet, sich in die Lage des anderen zu versetzen und dessen Gefühle und Bedürfnisse nachzuvollziehen. Durch aktives Zuhören und Einfühlen in die Perspektive des anderen, schaffen wir eine tiefere Verbindung und können Spannungen entschärfen.

Selbstempathie und Selbstreflexion

Grundvoraussetzung sich in andere einfühlen zu können und Wertschätzend kommunizieren zu können, ist eine achtsame Haltung sich selbst und seinen Mitmenschen gegenüber. Dazu gehört, sich zunächst auf einen Prozess der Selbstempathie und auch -reflexion einzulassen. Denn wer sich dem eigenen Innenleben bewusster wird, kann sich leichter und klarer gegenüber seinen Mitmenschen ausdrücken. Nur wenn Du weißt, was Du fühlst und was Deine Bedürfnisse sind, kannst Du sie klar kommunizieren und Dich so dem anderen gegenüber verständlicher machen.

Außerdem zeigen Studien, dass das Empathievermögen mit der eigenen Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung zusammenhängt, die sich beispielsweise mithilfe von Achtsamkeitsübungen stärken lässt. Außerdem hilft eine bewusste innere Klärung und eine Auseinandersetzung mit Deinen Gefühlen und Bedürfnissen dabei, den anderen besser zu verstehen bzw. sich auch mehr in ihn hineinversetzen zu können. Diese Fähigkeiten sind besonders in Konfliktsituationen wichtig, um von der Reibung und dem Konflikt in die Begegnung und damit auch in eine Lösung zu kommen.

Mit den folgenden vier Schritten kannst Du in die Selbstklärung gehen, um so auch klarer nach außen gehen zu können:

  1. Beobachtung: Wie hat sich die Situation wirklich zugetragen? Was davon ist beobachtbar, was meine eigene Bewertung? Was hätte eine Videokamera rein objektiv von außen betrachtet aufgezeichnet (Zahlen, Daten, Fakten)?
  2. Gefühl: Welches Gefühl bzw. welche innere Grundstimmung nehme ich in mir wahr in Bezug auf die Situation? Handelt es sich um ein „echtes“ Gefühl, für das ich die Verantwortung übernehme oder vielmehr um einen Gedanken, mit dem ich meinem Gegenüber die Schuld zuweise (z.B. „Ich bin traurig“ vs. „Ich fühle mich von Dir im Stich gelassen“)?
  3. Bedürfnis: Was ist mir wichtig? Was brauche ich im Hier und Jetzt? Was hätte ich in der Situation gerne (anders) gehabt?
  4. Bitte: Was könnte zukünftig dazu beitragen, meine Arbeits-/Lebensqualität zu verbessern? Wie kann ich meinen Wunsch so konkret und positiv wie möglich formulieren? Wie geht es mir damit, wenn meine Bitte nicht erfüllt wird (Wichtig: Eine Bitte ist keine Forderung!)?

Beispiele für wertschätzende Sätze

Hier sind einige Beispiele für wertschätzende Kommunikation, die Du in verschiedenen Situationen anwenden kannst:

Du könntest sogar auch im Sinne der gewaltfreien Kommunikation, die sehr wertschätzend ist, Deine vollständige innere Klarheit kommunizieren, indem Du die oben genannten Punkte (Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis, Bitte) vollständig verbalisierst. Hier ein paar Beispiele dazu.

Stell Dir diese Situation vor: Ein Mitarbeiter ist frustriert, weil sein Kollege häufig zu spät zu Meetings kommt. Folgende Beispiele sind gewaltfrei und wertschätzend kommuniziert:

  1. Beobachtung: „Ich habe bemerkt, dass Du in den letzten zwei Wochen dreimal zu unseren Team-Meetings zu spät gekommen bist.“
  2. Gefühle: „Ich fühle mich frustriert und gestresst.“
  3. Bedürfnisse: „Mir ist es wichtig, dass unsere Meetings pünktlich beginnen, damit wir unsere Zeit effizient nutzen können.“
  4. Bitten: „Könntest Du bitte versuchen, pünktlich zu den Meetings zu erscheinen?“

Ein Beispiel aus dem Beziehungsleben wäre, wenn wir uns in der Partnerschaft vernachlässigt fühlen, weil der andere oft Überstunden macht. Wir könnten dann im Sinne der gewaltfreien Kommunikation folgende wertschätzende Sätze nutzen:

  1. Beobachtung: „Ich habe bemerkt, dass Du in den letzten Wochen viele Überstunden gemacht hast.“
  2. Gefühle: „Ich bin enttäuscht und fühle mich einsam.“
  3. Bedürfnisse: „Ich habe das Bedürfnis nach mehr gemeinsamer Zeit und Verbindung.“
  4. Bitten: „Könnten wir uns darauf einigen, mindestens zwei Abende pro Woche gemeinsam zu verbringen?“

In all den Fällen zeigst Du durch eine präzise und Wertschätzende Kommunikation Deinem Gegenüber, dass Du dessen Gefühle und Bedürfnisse respektierst, während Du gleichzeitig Deine eigenen kommunizierst. Das schafft eine Basis für gegenseitiges Verständnis und Vertrauen.

Zwei Frauen unterhalten sich fröhlich

Exkurs: Übung, um dem anderen Empathie entgegenzubringen

Das gegenseitige Verständnis kannst Du auch noch stärken, indem Du aktiv und empathisch auf den anderen zugehst, beispielsweise mithilfe der folgenden Übung:

  1. Aktives Zuhören: Konzentriere Dich voll und ganz auf das, was Dein Gegenüber sagt. Unterbreche nicht und bestätige durch Nicken oder kurze Kommentare, dass Du zuhörst.
  2. Spiegeln: Wiederhole in eigenen Worten, was Du verstanden hast. Das zeigt, dass Du aufmerksam warst und hilft, Missverständnisse zu vermeiden.
  3. Gefühle benennen: Versuche, die Gefühle Deines Gesprächspartners zu benennen. „Es klingt, als ob Du enttäuscht bist. Stimmt das?“

Schon alleine das aktive Bemühen darum, den anderen verstehen zu wollen, ist oft schon wohltuend für den anderen und kann eine zwischenmenschliche Harmonie unterstützen.

Wertschätzende Kommunikation ist eine Schlüsselkompetenz, die in allen Lebensbereichen von großem Nutzen ist. Sie hilft Dir, Missverständnisse zu vermeiden, Konflikte zu lösen und tiefere, empathischere Verbindungen zu anderen Menschen aufzubauen. Indem Du die Prinzipien in Deinen Alltag integrierst, kannst Du Deine Beziehungen sowohl privat als auch beruflich verbessern und ein harmonischeres Umfeld schaffen.

Aline Schmid

Über Aline Schmid:

Aline Schmid ist freiberuflich als Autorin und Dozentin für die ALH-Akademie tätig. In der Ausbildung zum Achtsamkeitstrainer lernen die Teilnehmer in 12 Monaten unter anderem mithilfe der achtsamen, wertschätzenden Kommunikation sich selbst und ihre Mitmenschen besser wahrzunehmen und zu verstehen.

Hat Dir der Beitrag gefallen?

Jetzt teilen: